„Lernwald-projekt im Tangsehler Wald“
Waldbauliche Zielsetzung:
Für den Tangsehler Wald (42 Hektar) streben wir einen ökologischen Waldumbau an. Das bedeutet: die jetzt noch hauptsächlich aus Kiefernaufforstung (zumeist ca. 60 bis 100 jährig) erwachsenen Reinbestände sollen nach und nach in artenreichere und vielgestaltige Mischwaldbestände umgewandelt werden. Damit wollen wir auch an eine Anfang der neunziger Jahre begonnene Unterbauung anknüpfen und diese weiter pflegen. Langfristig wird von uns eine dauerhafte Waldform angestrebt, die nicht, wie bisher bestands- oder parzellenweise mit dem Harvester bewirtschaftet wird, sondern gezielt und selektiv in der Art eines Femelwaldes, an manchen Stellen noch kleinräumiger: nach Art der Plenterung.Besondere Bedeutung wird der Gestaltung der Waldsäume als vermittelnde Landschaftselemente zukommen. Der Einsatz von Maschinen, besonders von schwerem Gerät, soll soweit das möglich und vernünftig ist, unterbleiben. Der Wald soll nicht bloß ökologisch, sondern nach biologisch-dynamischen Ansätzen bewirtschaftet werden: Somit wird eine Intensivierung der wahrnehmenden und tätig pflegenden Zuwendung zum Wald als Grundlage erachtet! Unter anderem sollen auch die biologisch-dynamischen Spritzpräparate zum Einsatz kommen. Ziel ist ein in sich gesunder und auch in den Umkreis Lebenskräfte verbreiten – der und mithin produktiver Waldorganismus.
Zum Vorgehen oder: Warum „Lernwald“?
1. Eigene Voraussetzung
Mit dem oben Gesagten ist aber zunächst nur ein grober Rahmen abgesteckt. Unsere bereits vorhandenen Erfahrungen im Umgang mit Wald, Bäumen, Kräutern und Boden bilden die fachliche Grundlage für dieses Projekt. Aber jeder Ort, jeder Wald ist anders. Die genaue Ausprägung der Waldformen, die Baum- und Strauchartenwahl, wie auch die einzelnen Schritte zur Pflege und Umwandlung der Kiefernbestände entspringen keinem pauschalierten „Fahrplan“; vielmehr geht es darum, die eigenen Intentionen mit den Möglichkeiten / Begabungen des Ortes und den sonstigen Bedingungen in Einklang zu bringen und beides weiter zu entwickeln. Grundlegend ist dabei ein Satz des Wald-Arztes August Bier: „Behandle den Wald wie einen (kranken) Organismus.“
Die Natur ist zugleich auch immer der Lehrmeister. Zur Entwicklung des Umbaukonzeptes werden wir darüber hinaus auch forstfachliche Beratung in Anspruch nehmen. Unserer Anliegen ist es methodische Schritte anzuwenden und weiter zu entwickeln, die einen Dialog zwischen uns und dem Wald ermöglichen. „Lernwald“ bedeutet also zuerst: An einer konkreten Aufgabe organisches Denken und Handeln bewußt zu erüben.
2. Pädagogische Grundlagen:
„Für den Wald und die Menschen etwas tun.“
Der zweite Kernpunkt unseres „Lernwald“-Konzeptes ist die (umwelt-) pädagogische Aufgabenstellung. Nach unserer Erfahrung, wie auch der anderer langjähriger und bereits sehr erfolgreicher waldpädagogischer Einrichtungen und Initiativen lassen sich prinzipiell alle von alters her bekannten Kulturarbeiten zur Pflege und Nutzung des Waldes mit Heranwachsenden ab dem Jugendalter, seien es nun SchülerInnen oder Lehrlinge, durchführen! Dies ist, so sonderbar das zunächst klingen mag, auch nicht in allererster Hinsicht eine Frage des Motiviertseins, sondern der pädagogischen Ansprache, der fachlichen Anleitung (Kompetenz) und Betreuung und des Vorbildes (Charakter und Persönlichkeit), das man selber darstellen kann, oder nicht.
Der Umbau des Tangsehler Kiefernforstes soll in größtmöglichem Umfange im Rahmen umweltpädagogischer Projektwochen geschehen.
Umbruchstimmung
Pubertierende und werdende Erwachsene leben besonders stark in Paradoxien und Widersprüchen: Neben „Null Bock“ und Abhängen, sind echte Begeisterungsfähigkeit und erwachendes Bewußtsein für fremdes Leid, die Quellen des Engagements, sowie die Lust und Ausdauer zu körperlicher Aktivität geradezu charakteristisch. Dem tiefen Bedürfnis sich ganz unmittelbar in der Welt einzubringen, „was sinnvolles, gutes zu tun“ und dabei Neues zu erleben, kommt der Wald mit seine Möglichkeiten und Anforderungen entgegen. Hier kann ein wechselseitiges Geben und Nehmen stattfinden. Schon im Verlaufe des Praktikums können die Teilnehmer die Wirkung Ihres Tuns erleben: es ist dem Wald eingeschrieben und die Natur wird es weiterentwickeln. Auf Jahre und sogar Jahrzehnte. Was andere Klassen und Gruppen vor ihnen vollbracht haben wird ihnen auf Rundgängen und dem Weg zum Arbeitsplatz deutlich. Wie hat sich der Wald verän-
dert, etwa im Vergleich zum angrenzenden Nachbarforst?! Wie wird er sich verändert haben nach den ein bis zwei Wochen ihres eigenen Einsatzes und darnach? So kann das Erlebnis entstehen: Es kommt auf uns, es kommt auf mich an! Wir gestalten diesen Wald mit – er braucht uns.
Zusammenfassung:
3. Ziele
Es geht nicht darum Kinder oder Jugendliche zu Waldarbeitern zu erziehen, oder ihnen den Försterberuf ans Herz zu legen. Das Entscheidende liegt unseres Erachtens in der Kombination, nämlich einen Wald vor allem durch die Tatkraft und auch Schaffensfreude heranwachsender Menschen pflegen und für die Zukunft umgestalten zu wollen.
Damit geschieht in Wirklichkeit folgendes: daß wir den jungen Menschen etwas anvertrauen, das sie aber nicht im Ganzen zu verantworten haben. Und ja auch noch nicht können. Dennoch ist es damit größtmögliche Verantwortlichkeit. Das ist altersgemäßes und modernes Lernen. Die Kontinuität des Umbauprozesses wird durch uns getragen und verantwortet.